Werte, Wertvorstellungen in fünf Minuten erklärt
Pünktlichkeit ist mir sehr wichtig. Lässt man mich bei einer verabredeten Zeit unnötig warten, empfinde ich es als respektlos und werde schon mal wütend. Entschuldigt sich derjenige, finde ich es fair und toleriere die Verspätung.
Warum ich mit dieser Aussage den Text beginne? Weil ich dir heute etwas über Werte erzählen möchte. Werte, oder auch Wertvorstellungen, betreffen uns alle. Jeder Mensch auf der Welt vertritt Werte, bewusst und unbewusst. Es gibt positive und negative Werte.
Pünktlichkeit — Unpünktlichkeit
Respekt — Respektlosigkeit
Toleranz — Intoleranz
Positive Werte nennt man Appetenzwerte, sie geben uns einen Rahmen und Sicherheit. Denn wir richten uns nach unseren jeweiligen Appetenzwerten und können unser Handeln mit ihnen begründen. Negative Werte hingegen sind für uns destruktiv und wir möchten sie von uns „wegschieben“, sie werden Aversionswerte genannt.
Wenn wir von Werten sprechen, wissen wir meist sofort, worum es geht. Aber könntest du den Begriff definieren?
An diesem Punkt scheitern viele und das ist auch ganz okay, denn eine einheitliche Definition gibt es leider nicht. Der Vollständigkeit halber würde ich dir gern die Definition aus einem Psychologiewörterbuch nennen:
Wert:
1) Aus der philosophischen Ethik stammende Bezeichnung für die einem Individuum
oder einer Gruppe eigene mehr oder weniger explizite und explizierbare Auffassung von den erstrebens- oder wünschenswerten
Handlungen oder Einstellungen in Bezug auf Mitmenschen oder Dinge oder Ziele des Verhaltens allgemeiner (normativer) Art
(im Sinne von gut und schlecht). Der Erwerb dieser Auffassung von den Werten als Bezugssystem des Verhaltens ist – so wird angenommen –
an Vorgänge analog der Sozialisation bzw. an den bewertenden Umgang (Transaktion) mit den Normen und Sachverhalten der Umwelt gebunden.
Als Wertorientierung wird allgemein das Bezogensein von Handeln und Denken auf Werte bezeichnet.
2) Synonym für das einem Bedürfnis, einer Einstellung oder einem Wunsch entsprechende Handlungsziel. [1]
Nehmen wir die Definition ein wenig auseinander, um sie besser zu verstehen.
[…] Bezeichnung für die einem Individuum oder einer Gruppe eigene mehr oder weniger explizite und explizierbare Auffassung von den erstrebens- oder wünschenswerten Handlungen oder Einstellungen in Bezug auf Mitmenschen oder Dinge oder Ziele des Verhaltens allgemeiner (normativer) Art (im Sinne von gut und schlecht) […]
- Bezeichnung für erstrebens- oder wünschenswerte Handlungen
- dient einem Individuum oder einer Gruppe
- bezieht sich auf Mitmenschen, Dinge oder Ziele
- Werte können gut oder schlecht sein
[…] Der Erwerb dieser Auffassung von den Werten als Bezugssystem des Verhaltens ist – so wird angenommen – an Vorgänge analog der Sozialisation bzw. an den bewertenden Umgang (Transaktion) mit den Normen und Sachverhalten der Umwelt gebunden. […]
- wir erwerben Werte durch unsere Erziehung, erlebte Situationen und unsere Umwelt
Das bedeutet demnach, Werte können anerzogen sein, sich aber auch im Laufe des Lebens verändern. Das ist auch ein sehr wichtiger Aspekt, denn er zeigt auf, dass unser Leben nicht starr und durch die Erziehung in der Kindheit festgeschrieben ist. Im Gegenteil, ist es wichtig, keinen Stillstand in der Persönlichkeitsentwicklung zu erleiden. Im Leben gibt es stets Veränderungen, Überraschungen und Ereignisse, auf die man sich neu einstellen muss. Und neu einstellen bedeutet umdenken.
Hast du dir nach meinem letzten Post Gedanken über deine eigenen Werte gemacht?
Welche Werte machen dich derzeit aus und welche Werte sind dir bei anderen wichtig?
Diese Überlegungen sind durchaus wichtig, wenn wir beispielsweise Schwierigkeiten in Partnerschaften, Freundschaften oder familiären Beziehungen verspüren. Oder aber bei Singles, die seit geraumer Zeit keinen Partner finden. Oft kommt die Frage bzw. Aussage nach zu hohen Ansprüchen. Allerdings ist die Frage dann eher: Müssen denn all diese Ansprüche tatsächlich befriedigt werden oder ist einiges vielleicht gar nicht mehr aktuell, sondern nur noch aus Gewohnheit in meinen Vorstellungen?
Auch der Aspekt des Auseinanderlebens in einer Partnerschaft kann auf veränderten Wertvorstellungen basieren. Entwickelt sich der eine Partner weiter und der andere nicht (mit), gehen die Ansprüche auseinander. Meist fühlt sich derjenige, der derzeit keine Entwicklung vornimmt, vor den Kopf gestoßen. Sätze wie „aber das haben wir doch schon immer so gemacht“ oder „das hast du früher aber anders gesehen“, fallen in der Paartherapie sehr häufig. Dabei möchte ich in diesem Artikel nicht auf die Adaption oder mögliche Lösungen eingehen, sondern vielmehr „nur“ darlegen, welche große Rolle Werte in unserem Leben spielen und das sie eben nicht von Kindheit bis zum Tod gleichbleiben.
Eine weitere spannende Aufgabe für dich wäre zu überlegen, welche Werte du vor zehn Jahren vertreten hast, welche es heute sind und was dazu führte, dass du einige Wertvorstellungen ersetzt oder verändert hast. Bei solchen Übungen lernt man sehr viel über sich selbst und entdeckt eventuell Dinge, die einem überhaupt nicht bewusst waren.
Daher schrieb ich zu Beginn des Artikels, dass wir Werte bewusst und unbewusst wahrnehmen. Wir können auf Pünktlichkeit beharren und das entsprechend direkt aussprechen. Aber wir sind uns vielleicht gar nicht dessen bewusst, dass wir stets loyal sind und dadurch vielleicht manchmal ausgenutzt werden. Wir fühlen uns dann mitunter einfach schlecht behandelt, den Auslöser hierfür übersehen wir aber.
Selbstreflexion kann sehr schön sein und Spaß machen. Wenn du erkennst, welche positiven und negativen Vorstellungen dich ausmachen, kannst du auch Beziehungen zu anderen Menschen besser händeln. Vor allem sucht man bei Diskrepanzen die Fehler ausgeglichen auf beiden Seiten. Einige neigen dazu, Fehler nur bei sich zu suchen. Andere suchen die Fehler ausschließlich gern bei anderen. Auf Dauer führt dieses Ungleichgewicht zu seelischem Unwohlsein und Unverständnis für sich oder andere.
Daher lautet die Devise: Erkenne deine eigenen Werte und nutze sie!
Viel Spaß beim Nachdenken und Erforschen deiner selbst. 😊
[1] Werner D. Fröhlich: Wörterbuch Psychologie, Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG 2010